Angioödem hereditäres, Mutation in KGN1 D81.4

Zuletzt aktualisiert am: 03.08.2022

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Synonym(e)

Angioödem hereditäres Mutation in KGN1; Angioödem hereditäres Typ VI; HAE6; Hereditäres Angioödem Typ VI; OMIM: 619363; Typ VI Angioödem

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Erstbeschreiber

Bork K et al. (2019)

Bemerkung: Das Wissen über seltene genetische Krankheiten wie das hereditäre Angioödem (HAE) hat sich parallel zur Entwicklung neuer molekularer Werkzeuge weiterentwickelt. Der Mangel an C1-Inhibitor (C1-INH) ist seit den 1960er Jahren als Hauptursache des HAE (HAE-C1-INH) anerkannt. Die Entdeckung des breiten Spektrums an Mutationen, die das C1-INH-Gen (SERPING1) betreffen, war erst ab Ende der 1980er Jahre möglich, als die Sanger-Sequenzierung verfügbar und weltweit leichter zugänglich wurde.

Die Beteiligung anderer Gene am HAE wurde jedoch erst 2006 mit der Beschreibung von Mutationen im F12-Gen bei Patienten mit HAE und normalem C1-INH entdeckt. Die durch die neue Ära der Genomik gewonnenen Erkenntnisse waren entscheidend für die Entdeckung von Mutationen in weiteren Genen, die das Verständnis für die komplexe Pathogenese dieses phänotypisch weitgehend identischen  Krankheitsbildes verbessert bzw. erklärbar macht. In den letzten drei Jahren ermöglichten fortschrittliche Sequenzierungstechniken der nächsten Generation die Identifizierung von Mutationen in fünf weiteren neuen Genen, die mit hereditären Angioödemvarianten mit normalem C1-INH (nC1-INH-HAE) in Verbindung gebracht werden konnten: ANGPT1 (Angiopoietin-1), PLG (Plasminogen), KNG1 (Kininogen), MYOF (Myoferlin) und HS3ST6 (Heparansulfat-Glucosamin-3-O-Sulfotransferase 6).

Definition

Das hereditäre Angioödem-6 (HAE6) ist eine autosomal-dominant vererbte Erkrankung, die durch eine heterozygote Mutation im KNG1-Gen (612358) auf Chromosom 3q27 verursacht wird.

Vorkommen/Epidemiologie

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Ätiopathogenese

Bei 6 betroffenen Mitgliedern einer deutschen Familie mit HAE6 in der dritten Generation identifizierten Bork et al. (2019) eine heterozygote Missense-Mutation im KNG1-Gen (M379K; 612358.0005). Die Mutation wurden durch Ganz-Exom-Sequenzierung gefunden und durch Sanger-Sequenzierung bestätigt. Sie stimmten mit der klinischen Situation überein. Es wird vermutet, dass die Mutation an der Spaltstelle für die Produktion von Bradykinin auftritt und diesen Prozess verändern könnte, was möglicherweise zur Produktion eines funktionell aktiven, aber abweichenden Bradykinins führt. Die Patienten hatten normale Präkallikrein- und HMWK-Antigen- und Aktivitätswerte.

Loules et al. (2020) identifizierten bei drei männlichen Mitgliedern einer italienischen Familie der dritten Generation mit HAE6 eine heterozygote Missense-Mutation im KNG1-Gen (P574A; 612358.0006). Zwei Patienten waren heterozygot für eine Missense-Variante R487C (c.1459C-T) im ACE-Gen (106180), während der dritte Patient, der im Laufe seines Lebens nur einen Anfall hatte, die ACE-Variante nicht trug. Es wird vermutetet, dass die Pathogenität der KNG1-Variante vom Vorhandensein der ACE-Variante abhängen könnte. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es sich bei HAE in einigen Fällen um ein komplexes Symptom handelt, das von mehreren Genen beeinflusst wird.

Klinisches Bild

Klinische Erscheinungen dieses Syndroms sind die im Erwachsenenalter episodisch auftretenden, subkutane und submuköse Schwellungen, von denen am häufigsten Gesicht, Mund und Zunge betroffen sind. Einige Patienten beobachteten auch Ödeme an den distalen Gliedmaßen. Seltener sind krampfartige Bauchbeschwerden. Die Spiegel des Komplementkomponenteninhibitors (C1INH; 606860) sind normal (Bork et al. 2019).

Fallbericht(e)

Bork et al. (2019) berichteten über eine deutsche Familie mit 3 Generationen, in der 6 Personen im Alter von 34 bis 81 Jahren an HAE erkrankt waren. Es handelte sich um 5 Frauen und 1 Mann, und die ersten Symptome traten im Alter zwischen 17 und 55 Jahren auf. Fünf Patienten hatten Lippen- oder Gesichtsschwellungen, 2 hatten Schwellungen an Händen oder Füßen, und 2 hatten Unterleibsattacken. Eine Zungenschwellung trat nur bei 1 Patienten auf und erforderte keine Hilfe bei der Beatmung. Über Luftnot wurde nicht berichtet. Auslösend waren bei 3 Patientinnen Druck- und Stresssituation. Bei 1 Patientin wurde die Symptomatik durch die Einnahme oraler Kontrazeptiva ausgelöst. Bei anderen war dies nicht der Fall. Obwohl C1INH-Spiegel und -Aktivität normal waren, reagierte 1 Patientin auf eine Behandlung mit C1INH-Konzentrat.

Literatur

  1. Bork K et al. (2019) Hereditary angioedema cosegregating with a novel kininogen 1 gene mutation changing the N-terminal cleavage site of bradykinin. (Letter) Allergy 74: 2479-2544.
  2. Loules G et al. (2020) Deciphering the genetics of primary angioedema with normal levels of C1 inhibitor. J Clin Med 9: 3402.

Zuletzt aktualisiert am: 03.08.2022