Rituximab

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

Co-Autor: Sietske Poortinga

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Zuletzt aktualisiert am: 25.09.2023

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Definition

Gentechnisch hergestelltes Tumortherapeutikum das gegen eine CD-Oberflächenantinge gerichtet ist. Rituximab ist ein monoklonaler, chimärer Maus-Mensch-Antikörper der an das humane Transmembranantigen CD20 bei B-Zellen bindet. Da hämopoetische Stammzellen kein CD20-Antigen exprimieren weren sie von dem Antikörper nicht attackiert.

Pharmakodynamik (Wirkung)

Die Bindung des Fc-Anteils des CD20-Antikörpers an den CD20-Oberflächenmarker auf B-Zellen aktiviert die Komplementkaskade und bewirkt die Zytolyse dieser Zellen. Zudem bindet der Antikörper mit dem Fc-Anteil an Makrophagen, NK-Zellen und andere Effektorzellen, die nachfolgend eine zellvermittelte zytotoxische Reaktion mit Apoptose von CD20-positiven Zellen herbeiführen.

Merke! Auch physiologische B-Zellen sind von der Zytolyse betroffen (Regeneration der Population ca. 6 Monate nach der letzten Anwendung).

Indikation

Rituximab ist in Deutschland zugelassen für die Therapie von Patienten mit follikulärem Lymphom der Stadien III-IV, das gegen eine Chemotherapie resistent ist oder die nach einer solchen einen zweiten oder neuerlichen Rückfall haben, sowie zur Behandlung des CD20-positiven großzelligen diffusen B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphoms in Verbindung mit einer CHOP-Chemotherapie. Seit 2018 ist Rituximab auch zugelassen für die Therapie bei Pemphiguserkrankungen und mit 89% Remissionsrate nach 2 Jahren therapie ein deutliche durchbruch der PV-Therapie seit Einführung der systemischen Kortikosteroide in der 1950er-Jahren.

Zugelassen ist Rituximab auch für die Therapie der schweren aktiven rheumatoiden Arthritis bei Erwachsenen in Kombination mit Methotrexat. Die Zulassung ist limitiert auf Patienten, die ungenügend auf andere krankheitsmodifizierende Antirheumatika einschließlich einer oder mehrerer Therapien mit Tumornekrosefaktor-Hemmern angesprochen haben oder diese nicht vertragen haben.

Experimentelle und kasuistische Beiträge:

Schwangerschaft/Stillzeit

Es sind keine ausreichenden Daten über die Therapie während Schwangerschaft oder Stillzeit vorhanden, daher nicht bei Schwangeren oder stillenden Müttern anwenden.

Dosierung und Art der Anwendung

Monotherapie: 375 mg/m2 KO i.v. 4mal in wöchentlichem Abstand. Die Infusionsgeschwindigkeit sollte bei Erstanwendung einschleichend auf 50 ml/Std. für 30 Minuten eingestellt werden und kann nachfolgend auf 100 ml/Std., 200 ml/Std. und 300 ml/Std. gesteigert werden. Begleitmedikation: Urikostatika, z.B. 1mal/Tag 150 mg Allopurinol p.o. zur Kontrolle des Harnsäureanstiegs bei Tumorzerfall während des gesamten Therapiezeitraumes. Analgetika (z.B. Indometacin) u. Antihistaminika sowie Volumengabe (1000 ml NaCl 0,9% i.v.) ca. 30-60 Minuten vor Infusionsbeginn, 4 Std. u. 8 Std. nach Anwendung zur Vermeidung von Nebenwirkungen.

Ob die intravenöse der intraläsionalen Applikation überlegen ist, wird weiterhin diskutiert.

Kombination mit CHOP-Schema: 375 mg/m2 KO i.v. am 1. Tag eines jeden Chemotherapie-Zyklus nach Applikation der Kortikosteroid-Komponente des Chemotherapiezyklus. Begleitmedikation wie oben.

Unerwünschte Wirkungen

Bei bis zu 50 % der Patienten kommt es zu teils starken Nebenwirkungen mit Fieber, Schüttelfrost, Atembeschwerden und Hautausschlägen. Die Beschwerden werden vermutlich durch eine Vielzahl von Zytokinen ausgelöst, die während der Therapie durch Zellzerfall freigesetzt werden (Cytokine release-Syndrome, s.a. unter Biologika). Die klinische Symptomatik entspricht einer Jarisch-Herxheimer-Reaktion. Akute Infusionsabhängige Reaktionen treten bei onkologischen Indikationen häufiger auf als bei rheumatologischen (Jung JW et al. 2014).

Einige UAWs (5-10% der Fälle?) erinnern an eine IgE-mediierte allergische Reaktion (positive Hauttestreaktionen (Sachs B et al. 2018).

Weitere ernstzunehmende Nebenwirkungen sind in Einzelfällen das Auftreten einer progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML).

Einige Berichte existieren über die Auslösung verschiedener Autoimmunerkrankungen wie Psoriasis, autoimmun-lymphoproliferatives Syndrom, systemischer Lupus erythematodes und Immunkomplexvaskulitis (s.u. leukozytoklastische Vaskulitis)

Kaposi-Sarkom: Vereinzelt existieren Berichte über das Auftreten eines iatrogenen Kaposi-Sarkoms unter der Therapie mit Rituximab

Kontraindikation

Überempfindlichkeit gegen Maus-Proteine. Immunmangelerkrankungen z.B. mit CD20-Immundefizienzen (s.u. CVID5 mit Mutation im CD20-Gen).

Präparate

MabThera®

Hinweis(e)

Merke! Frauen im gebärfähigen Alter sollten während u. 12 Monate nach der Behandlung mit MabThera wirksame kontrazeptive Maßnahmen anwenden!

Cave! Die Therapie mit Rituximab hat in Einzelfällen zu einer progressiven multifokalen Leukoenzephalopathie (PML) mit tödlichem Ausgang geführt. Dies geht aus einem Health Professional Letter der Hersteller hervor, der auf den Seiten der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA veröffentlicht wurde. Zudem gibt es in der Fachinformation der Hersteller diesbezüglich einen Warnhinweis.

Testkonzentrationen bei V.a. allergische Reaktionen (empfohlene Testkonzentationen zitiert n. Sachs B et al. 2018)

  • Prick: 10mg/ml
  • i.c.: 0,1;1,0; 10mg/ml 

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

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