Entzündung, Pathobiologie

Zuletzt aktualisiert am: 26.07.2021

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Synonym(e)

Akute Inflammation; Pathobiologie der Entzündung

Definition

Die vom Bindegewebe und den Blutgefäßen getragene Reaktion des Organismus auf einen äußerlichen oder innerlichen Entzündungsreiz mit dem Zweck, diesen zu beseitigen oder zu inaktivieren sowie die reizbedingte Gewebeschädigung zu reparieren. Entzündungsreize können verursacht werden durch: z.B. lebende Organismen, Allergene, Immunkomplexe, physikalische oder chemische Reize.

Kardinalsymptome der Entzündung sind Rubor, Calor, Tumor, Dolor, Functio laesa

Allgemeine Information

Initialphase: Nach Überwinden der natürlichen Barrieren und Eindringen von Erregern in Zellen oder interstitielles Gewebes des Organismus kommt es zur lokalen Aktivierung des Entzündungssignals. Als Erkennungsprinzip der orts- und systemfremden Mikroorganismen haben sich repetetive molekulare Muster der Erregeroberflächen,  sogenannte PAMPs (Pathogen Associated Molecular Patterns) die an die Toll-Like-Rezeptoren der Zellen (TLR 1-10)  v.a. der Makrophagen binden, herausgestellt. Bei der Phagozytose von Bakterien entsteht ein hochmolekularer Signalkomplex, das Inflammasom, das  durch Aktivierung von Caspase I die Produktion von IL-1 und TNAF-alpha aus inaktiven Vorstadien auslöst und damit die entzündliche Reaktion einleitet.

Vaskuläre Phase: Weiterhin werden lokale Gewebsmastzellen zur  Freisetzung ihrer Granulainhalte stimuliert. V.a. durch die Freisetzung von Histamin wird die für alle entzündlichen Reaktionen charakteristische initiale Hyperämie verursacht.

Die Entzündungsreaktion beginnt mit einer Veränderung der Mikrozirkulation am Ort der Gewebeschädigung. Sie ist an diese Gefäßveränderungen gebunden und kann deswegen  nur in vaskularisiertem Gewebe auftreten.

Arterioläre Kontraktion: Wenige Sekunden nach Einwirken eines entzündlichen Reizes  kommt es über nervöse Signale und chemische Mediatoren (z.B. Adrenalin) zu einer kurzfristigen arteriolären Kontraktion, die nur Sekunden oder Minuten anhält.

Vasodilatation: Der arteriolären Kontraktion schließt sich eine Phase der Vasodilatation an. Es entsteht eine kapilläre und venöse Hyperämie mit so hochgradiger Weitstellung der Kapillaren, dass eine Verlangsamung des Blutflusses in de Kapillaren bis hin zur Stase resultiert.

In dieser Phase werden durch die Weitstellung der Gefäße und Kontraktion der der Endothelzellen Poren eröffnet, die eine massive Permeabilitätsstörung verursachen und auch größere Eiweißkörper des Blutplasmas in das Interstitium austreten lassen. Die Stase ist bereits  15-30 Minuten nachEintritt der Schädigung ausgebildet und ermöglicht den Endothelkontakt der normalerweise im Zentralstrom der Blutgefäße schwimmenden Leukozyten.

Margination: In dieser Phase kleben die Leukozyten förmlich am Endothel, sie zirkulieren nicht mehr frei mit der Blutströmung. Durch die Scherkräfte der Blutströmung rollen sie zunächst auf dem Endothel langsam voran (Margination). Es kommt dann zum Durchtritt der Leukozyten durch das Endothel, zur Transmigration (Diapedese) durch die Gefäßwand ins Interstitium.   

Leukozytendiapedese: Auf molekularer Ebene sind vier Stadien zu unterscheiden:

  • Die Expression von Selektinen (E-,P- und L-Selektin), vermittelt kurzfristige Bindungen, die für ein Rollen der Leukozyten auf den Endothelien Voraussetzungsind, sodass die Leukozyten in Kontatk mit chemotaktischen Faktoren kommen
  • Chemokine veranlassen als Schritt die Aktivierung der Leukozyten, die jetzt ihrerseits Adhäsionmoleküle, die Integrine aktivieren.
  • Integrine vermitteln den Schritt, die feste Bindung an die Endotheloberfläche.
  • Bei der Transmigration (Diapedese) zwängen sich die Leukozyten förmlich durch Lücken zwischen den sich kontrahierenden Endothelzellen und wandern aktiv in das Interstitium. Dabei muss zunächst die Basalmembran lysiert werden. Im Interstitium dient dann das Konzentrationsgefälle chemotaktischer Faktoren als Wegweiser zum Ort der Entzündung.  Wichtige endogene chemotaktische Faktoren sind Produkte des Komplementsystems (C5a), des Prostaglandin-/Leukotriensystems  (LTB4) und die Chemokine. 

Wichtige exogene chemotaktische Faktoren sind N-Formyl-Peptide, die nur im bakteriellen Eiweißstoffwechsel gebildet werden.

Zellwanderung: Granulozyten bewegen sich amöboid durch die sehr dichte Matrix, indem sie filamentäre Matrixmoleküle (Kollagen IV in der Basalmembran, Kollagen I und Kollagen III oder Proteoglykane im Interstitium und die elastischen Fasern) sowie zahlreiche andere quervernetzte nichtfilmentäre Matrixmoleküle enzymatisch spalten. Die Zell-Matrix-Adhäsion wird meist durch Integrine vermittelt, die im Zellinneren direkt mit dem Zytoskelett der Zelle verbunden sind. Durch Kontraktion des  Aktinzytoskeletts ziehen die Zellen ihren Zellkörper mit Zellkern entlang der Matrixmoleküle nach (umgekehrte Handspiegelform).         

Intralysosomale Abtötung von Erregern: Am Entzündungsherd werden die Erreger durch Makrophagen(Monozyten und neutrophile Granuloyzten phagozytiert. Phagozytierte Erreger können dann in Phagoylsosomen dieser Zellen abgetötet und danach abgebaut und verdaut werden. Folgende Mechanismen sind hierbei wirksam:

  • NADH-Oxidase-Komplex der zur Bildung von aktivem Sauerstoff führt
  • Myeloperoxidase aktiviert die Bildung von Sauerstoffradikalen und Hypochloridionen
  • Weitere Enzyme und Proteine wirken bakteriostatisch (z.B. alpha-Defensine, Lysozyme)
  • Induzierbare NO-Synthase (INOS) bildet aktive Stickstoffradikale, die den Zellstoffwechsel und die Nukleotidsynthese der Erreger hemmen.

Literatur
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  1. Müller JG et al. (2018) Allgemeine Grundlagen: Entzündung als lokales und systemsiches Phänomen. In: Grundmann, Kurzlehrbuch der Pathologie. Hrsg. Kirchner Th et al. Elsevier S. 138-142 

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