Codein

Zuletzt aktualisiert am: 21.12.2020

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Synonym(e)

CAS-Nummer:79990-78-6; Codeine; Codeinum; Kodein

Definition

Codein ist ein schwach wirksames Opioid-Analgetikum (Phenanthren-Alkaloid), das früher aus dem Schlafmohn  (Papaver somniferum)  gewonnen wurde. Es wirkt dosisabhängig zentral dämpfend, analgetisch, sedativ, mitunter euphorisierend und vor allem antitussiv. Codein bindet wie alle Opiate an supraspinale Opioid-Rezeptoren und hemmt so das Hustenzentrum im Hirnstamm. Die antitussive Wirkung von Codein wird durch Naloxon antagonisiert.

Pharmakokinetik

Nach oraler Gabe wird Codein rasch resorbiert. Die maximale Plasmakonzentration ist nach etwa einer Stunde erreicht. In der Leber wird der Wirkstoff über CYP2D6 metabolisiert und teilweise zu Morphin abgebaut. Die Ausscheidung erfolgt zu etwa 90% renal in Form der Metaboliten, etwa 10% des aufgenommenen Codeins passiert die Nieren unverändert. Halbwertszeit = 3-5 Stunden – bei älteren Menschen länger.

Bei Langsammetabolisierer (etwa 5-10% der Europäer) ist die Codeinwirkung abgeschwächt.

Bei Schnellmetabolisierern (90-95% der Europäer) wird Codein sehr rasch zu Morphin abgebaut. Für diese Patienten ist die Einnahme von Codein kontraindiziert (s.u.  CYP2D6-Polymorphismus).

Indikation

Codein wird hauptsächlich bei trockenem Reizhusten verschrieben, doch in Kombination mit Paracetamol kommt Codein auch als Schmerzmittel zum Einsatz.

Schwangerschaft/Stillzeit

Während der Schwangerschaft darf Codein nicht eingenommen werden. Der Wirkstoff kann die Plazenta passieren und so auf den Fetus übertragen werden. Codein kann beim Embryo in den ersten drei Monaten Fehlbildungen der Atemwege verursachen. Außerdem kann Codein wenn dieses kurz vor der Geburt angewendet wird, beim Kind Atemdepressionen auslösen.  Während der Stillzeit darf Codein nicht eingenommen werden, da gerade bei ultraschnellen Metabolisierern die Gefahr besteht, dass der Wirkstoff in höheren Konzentrationen in die Muttermilch übergeht. Dies kann für den Säugling im schlimmsten Fall tödlich sein.

Dosierung und Art der Anwendung

Codein ist in verschiedenen Darreichungsformen erhältlich; es gibt den Wirkstoff in Form von Tabletten, Kapseln, Pastillen, Dragees, Brausetabletten, Tropfen, Sirup oder Zäpfchen. Je nach Indikation und Darreichungsform sind unterschiedliche Dosierungen empfohlen – bei Reizhusten sollte die Dosis je nach Hustenfrequenz und -stärke angepasst werden. Empfohlen werden 15–44 mg Codein alle 6-8 Stunden, in Einzelfällen bis zu 100 mg. Die maximale Tagesdosis von 200 mg sollte nicht überschritten werden. Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren dürfen Codein nur einnehmen, wenn ihre Atemfunktion nicht eingeschränkt ist. Für Kinder unter 12 Jahren besteht eine Kontraindikation für den Wirkstoff.

Überdosierungen: Bei Überdosierungen oder bei genetischem Polymorphismus der Cytochrom-P450-abhängigen Monooxygenase CYP2D6 (Typ IV- ultraschnelle Metabolisierer -ultrarapid metabolize) wird der Wirkstoff besonders schnell zu Morphin umgewandelt. Es können Symptome einer Opiatvergiftung entstehen (Euphorie oder vermehrte Schläfrigkeit, Atemdepression, Hypotonie, Ataxien und Muskelkrämpfe).Eine Mischung aus Codein/Alkohol kann die Symptome einer Überdosierung noch verstärken. Bei Überdosierungen ist gegebenenfalls eine Sauerstoffbeatmung  erforderlich mit Überwachung der Vitalparameter über 24 Stunden. Weiterhin Gabe eines Opioidrezeptorantagonisten (z.B. Naloxon).

Unerwünschte Wirkungen

Sehr häufige UAWs betreffen den Magen-Darm-Trakt: Übelkeit, Erbrechen und Obstipation. Weiterhin leichte Kopfschmerzen und leichte Schläfrigkeit. Gelegentlich treten Schlafstörungen, Kurzatmigkeit oder auch Mundtrockenheit auf.

Gelegentlich: Schlafstörungen, Kurzatmigkeit, Mundtrockenheit, Pruritus, urtikarielles Exanthem.

Selten: schwere allergische Reaktionen einschließlich Stevens-Johnson-Syndrom.

Nebenwirkungen mit unbekannter Häufigkeit: Stimmungsschwankungen, Hypotonie, Atemdepression, Pankreatitis, Exantheme.

Dermatologische UAWs: Selten sind  Codein-induzierte generalisierte urtikarielle Exantheme (Orjales RN et al. 2009), eine akute generalisierte exanthematische Pustulose –AGEP- (Chadli Z et al. 2018), sowie  als schwerste  allergische Reaktionen ein Stevens-Johnson-Syndrom. Weiterhin beschrieben wurde ein „Symmetrical drug related intertriginous and flexural exanthema“ (Erfan G et al. 2015).

Wechselwirkungen

Codein sollte nicht mit anderen zentral dämpfenden Wirkstoffen (Beruhigungsmitteln, Antidepressiva, Neuroleptika, Schlafmitteln, Alkohol) kombiniert  werden (Wirkungverstärkung). Die Wirkung von Schmerzmitteln wird durch die Einnahme von Codein verstärkt.

Wechselwirkungen mit Codein bestehen bei folgenden Substanzen:

Sedativa, Hypnotika, Psychopharmaka, Antihistaminika, Antihypertonika, MAO-Hemmern, trizyklischen Antidepressiva, Opipramol, Analgetika, Buprenorphin, Pentacozin, Cimetidin.

Wichtig: Der Konsum von Alkohol ist unter der Einnahme von Codein zu vermeiden.

Kontraindikation

Allergie gegenüber Codein.  Patienten mit akuten Atemwegsproblemen und eingeschränkter Lungenfunktion bzw. Ateminsuffizienz, bei Asthma  oder bei Atemdepression. Ebensowenig  darf Codein bei schweren Bewusstseinsstörungen oder Koma verabreicht werden. Kinder < 12 Jahren dürfen keine Codein-haltigen Medikamente einnehmen.  Patienten vom CYP2D6-Phänotyp „ultraschnelle Metabolisierung“: hierbei wird Codein besonders schnell zu Morphin umgewandelt - Symptome einer Opiatvergiftung können entstehen.

Hinweis(e)

Der Einsatz von Codein ist nicht unumstritten. Verglichen mit anderen Opioiden ist die Affinität von Codein zu den Opioidrezeptoren niedrig. Ein Teil der Wirksamkeit ist dem Codein-Metaboliten Morphin zuzuschreiben.

Verkehrstüchtigkeit: Weil Codein dämpfend wirkt, ist nach der Einnahme möglicherweise das Reaktionsvermögen beeinträchtigt. Von der Teilnahme am Straßenverkehr und dem Bedienen von Maschinen wird deshalb während der Therapie mit Codein abgeraten.

Literatur
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  1. Chadli Z et al. (2018) Codeine-induced acute generalized exanthematous pustulosis without IL36RN mutations. Pharmacogenomics 19:889-893.
  2. Erfan G et al. (2015) Symmetrical drug-related intertriginous and flexural exanthema due to codeine. Indian J Dermatol Venereol Leprol 81:405-406.
  3. Gaskell H et al. (2016) Oxycodone for neuropathic pain in adults. Cochrane Database Syst Rev 7:CD010692.
  4. Khalaj Z et al. (2019) Distribution of  CYP2D6 polymorphism in the Middle Eastern region. J R Med Sci 24:61.
  5. Kiyatkin EA (2019) Respiratory depression and brain hypoxia induced by opioid drugs: Morphine, oxycodone, heroin, and fentanyl. Neuropharmacology 151:219-226.
  6. Orjales RN et al. (2009) Codeine-induced generalized dermatitis and tolerance to other opioids. Allergy 64:1692.
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Zuletzt aktualisiert am: 21.12.2020