Rivaroxaban

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 01.08.2020

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Synonym(e)

CAS-Nummer: 366789-02-8; Rivaroxabanum

Definition

Antikoagulanz aus der Gruppe der Oxazolidinone. Rivaroxaban ist ein synthetisches sog. direktes orales Antikoagulans (DOAK), das im Gegensatz zu den Heparinoiden als direkter Faktor Xa-Inhibitor wirkt. Rivaroxaban ist zur Prophylaxe und Therapie venöser Thromboembolien (VTE) bei erwachsenen Patienten zugelassen. Weiterhin wird Rivaroxaban zur Prophylaxe venöser Thromboembolien (VTE) bei Erwachsenen nach elektiven Hüft- oder Kniegelenksersatzoperationen und zur Behandlung von tiefen Venenthrombosen (TVT) und Lungenembolien (LE) sowie Prophylaxe von rezidivierenden TVT und LE bei Erwachsenen eingesetzt.

Wirkungsspektrum

Rivaroxaban gehört zu der pharmakotherapeutischen Gruppe der Antikoagulanzien. Es wirkt als hoch-selektiver dosisabhängiger direkter Faktor Xa-Inhibitor. Dadurch wird der intrinsische und extrinsische Weg der Blutgerinnungskaskade unterbrochen. Sowohl die Bildung von Thrombin (aktivierter Faktor II), als auch die Bildung von Thromben wird gehemmt. Der Wirkstoff hat keinen direkten Effekt auf die Thrombozyten. Gemäß der Fachinformation ist ein regelmäßiges Monitoring der Gerinnungsparameter während der Behandlung mit Rivaroxaban in der klinischen Routine nicht erforderlich. Falls dies klinisch doch notwendig erscheint, können die Rivaroxaban-Spiegel mit kalibrierten quantitativen Anti-Faktor-Xa-Tests bestimmt werden.

Pharmakokinetik: Die maximale Plasmakonzentration des Wirkstoffes wird in der Regel 2-4 Stunden nach der oralen Gabe erreicht. Die absolute Bioverfügbarkeit beträgt nach oraler Gabe 80-100% und ist unabhängig davon, ob es im Nüchternzustand oder nach einer Mahlzeit eingenommen wurde. Die Elimination des Wirkstoffes erfolgt renal; sie beträgt etwa 4,5h.

Anwendungsgebiet/Verwendung

Die Therapiedauer und Dosierung muss bei jeder Indikation gegenüber dem Blutungsrisiko abgewogen werden.

Prävention von Schlaganfällen und peripheren Embolien: In der Rocket-AF-Studie, deren Ergebnisse 2010 auf der Jahrestagung der American-Heart-Association vorgestellt wurden, war Rivaroxaban nicht schwächer wirksam als Warfarin (entspricht dem in Deutschland bekannterem Marcumar) in der Prävention von Schlaganfällen und peripheren Embolien. Die Rate von Blutungen und anderen Nebenwirkungen war gleich. Unter Rivaroxaban traten weniger intrakranielle Blutungen auf.

Prophylaxe von VTE nach elektiven Hüft- oder Kniegelenkersatzoperationen: Bei dieser Indikation beträgt die empfohlene Dosis 10 mg des Wirkstoffes pro Tag. Die Erstgabe sollte 6-10 Stunden postoperativ erfolgen. Bei einer größeren Hüftoperation wird eine Behandlungsdauer von 5 Wochen empfohlen. Bei einer größeren Knieoperation wird eine Behandlungsdauer von 2 Wochen empfohlen.

Behandlung von TVT, LE und Prophylaxe der rezidivierenden TVT und LE: Die empfohlene Initialdosis beträgt bei dieser Indikation 15 mg zweimal täglich innerhalb der ersten drei Wochen, danach 20 mg einmal täglich für die Weiterbehandlung bzw. Prophylaxe für mindestens 3 Monate. Sollte die Therapie länger als 6 Monate fortgeführt werden, wird eine tägliche Dosis von 10 mg Rivaroxaban empfohlen und in Ausnahmefällen 20 mg täglich.

Umstellung von Vitamin-K-Antagonisten auf Rivaroxaban: Bei Patienten, bei denen eine Umstellung von Rivaroxaban auf Vitamin-K-Antagonisten erfolgen soll, sollte die Behandlung mit Vitamin-K-Antagonisten beendet und die Therapie mit Rivaroxaban begonnen werden, sobald die INR <2,5 ist.

Umstellung von parenteral verabreichten Antikoagulantien auf Rivaroxaban: Bei Patienten, bei denen eine Umstellung von parenteral verabreichten Antikoagulantien auf Rivaroxaban erfolgt, ist das parenteral verabreichte Antikoagulans abzusetzen und Rivaroxaban 0-2 Stunden vor dem Zeitpunkt einzunehmen, zu dem die Verabreichung des parenteral verabreichten Antikoagulans geplant gewesen wäre.

Umstellung von Rivaroxaban auf Vitamin-K-Antagonisten: Bei Patienten, die von Rivaroxaban auf Vitamin-K-Antagonisten umgestellt werden sollen, sollte der Vitamin-K-Antagonist gleichzeitig gegeben werden bis die INR >2,0 ist. Während der ersten zwei Tage sollte die reguläre Anfangsdosierung des Vitamin-K-Antagonisten verwendet werden, gefolgt von einer Dosierung, die sich an den INR-Werten orientiert. Für weitergehende Informationen wird auf die jeweilige Fachinformation verwiesen.

Umstellung von Rivaroxaban auf parenteral verabreichte Antikoagulantien: Bei Patienten, bei denen eine Umstellung von Rivaroxaban auf parenteral verabreichte Antikoagulantien erfolgt, sollte die erste Dosis des parenteralen Antikoagulans zu dem Zeitpunkt erfolgen, zu dem die nächste Dosis Rivaroxaban eingenommen worden wäre.

Weitere Indikationen:

Bei der Livedovaskulopathie liegen mehrere Studien zur Effizienz mit  Rivaroxaban vor (Weishaupt C ET al. 2016).

Dosierung

Die Dosierung für die symptomatische venöse Thromboembolie beträgt anfänglich 15mg p.o.2x/Tag über 3 Wochen und 20 mg als Erhaltungsdosis. Verglichen mit subkutan verabfolgtem Enoxoparin konnte keine Überlegenheit von Enoxoparin nachgewiesen werden (EINSTEIN -Studie).

Rivaroxaban wird oral appliziert. Die orale Gabe kann unabhängig von den Mahlzeiten erfolgen.

Nierenfunktionsstörungen: Bei Patienten mit einer schweren Nierenfunktionsstörung kann eine erhöhte Wirkstoff-Plasmakonzentration auftreten. Daher muss eine Dosisanpassung erfolgen.

Unerwünschte Wirkungen

Häufig

  • Anämie
  • Schwindel
  • Kopfschmerzen
  • Bindehauteinblutung
  • Hypotonie
  • Hämatome der Haut
  • Epistaxis
  • Hämoptysen
  • Zahnfleischbluten
  • Gastrointestinale Blutung
  • Gastrointestinale und abdominelle Schmerzen
  • Dyspepsie
  • Übelkeit, Erbrechen
  • Verstopfung, Diarrhoe
  • Anstieg der Transaminasen
  • Blutung im Urogenitaltrakt (u. a. Hämaturie, Menorrhagie)
  • Einschränkung der Nierenfunktion
  • Fieber
  • Ödeme
  • Verminderte Leistungsfähigkeit.

Gelegentlich

  • Thrombozytose, Thrombozytopenie
  • Allergische Reaktion
  • Allergische Dermatitis
  • Angioödem und allergisches Ödem
  • Zerebrale und intrakranielle Blutung
  • Synkope
  • Tachykardie
  • Mundtrockenheit
  • Leberfunktionsstörung, Anstieg Bilirubin, alkalischer Phosphatase und GGT im Blut
  • Urtikaria
  • Hämarthros
  • Unwohlsein
  • Anstieg von LDH, Lipase und Amylase.

Selten

  • Ikterus
  • Cholestase
  • Hepatitis
  • Einblutung in einen Muskel
  • Lokale Ödeme
  • Vaskuläres Pseudoaneurysma.

Nebenwirkungen mit unbekannter Häufigkeit

Kontraindikation

Bei einer Kreatinin-Clearance von <15ml/min sollte Rivaroxaban nicht angewendet werden.

Leberfunktionsstörungen: beim Vorliegen einer Lebererkrankung, die mit einer Koagulopathie und einem klinisch relevanten Blutungsrisiko einhergeht

Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren (da bei Kindern und Jugendlichen die Sicherheit und Wirksamkeit nicht erwiesen ist, sollte Rivaroxaban nicht zur Anwendung kommen).

Handelsnamen

Xarelto®

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Chaaya G et al. (2016) Rivaroxaban-induced leukocytoclastic vasculitis: A challenging rash. Ann Allergy Asthma Immunol 116:577-578.
  2. Gressenberger P (2019)  Blutungskomplikationen unter DOAKs und deren Handling Z GEFÄSSMED  16: 5-8
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