Polyethylenglykol –Allergie

Zuletzt aktualisiert am: 23.12.2020

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Synonym(e)

Allergie auf Makrogol; Allergie auf Polyaethylenglykol; Allergie auf Polyäthylenglykol; Allergie auf Polyethylenglykol; Macrogol-Allergie; PEG-Allergie; Polyaethylenglycol-Allergie; Polyaethylenglykol-Allergie; Polyäthylenglykolallergie; Polyäthylenglykol-Allergie; Polyethylene-glycolallergy; Polyethylenglycol-Allergie

Definition

Allergische Reaktionen auf systemisch oder topisch verabreichte Polyäthylen-haltige Arzneimittel. 

Einteilung

PEG(s) werden je nach Molekülgrößen unter verschiedenen Namen geführt:

  • Makrogole (INN): PEGs, die als Salben (s. Makrogolsalbe) wie auch als Abführmittel in der Medizin Verwendung. Sie werden weder von Haut noch vom Darm resorbiert oder abgebaut. Zur ihrer näheren Beschreibung dient ihr Molekulargewicht; z.B. Makrogol 400 = Molekulargewicht von 380-420. Den Makrogolen in der Medizin entsprechen die PEG in der Kosmetik. Der Begriff "Macrogol 400" ist synonym mit "PEG-9", ein PEG, das aus 9 EO-Einheiten besteht.
  • PEG Beeswax: Gelbildner in Oleogelen. Der Ethoxilierungsgrad wird mit Bindestrich hinter dem PEG angegeben und kann ca. 3 bis 20 betragen.
  • PEG-Ester: werden durch die Ethoxilierung von Carbonsäuren hergestellt. Findet z.B. in Shampoos Verwendung.
  • Polysorbate: Hierzu gehören z.B. oberflächenaktive Substanzen wie Tween.
  • PPG: Polypropylenglykole werden analog den PEG aus Propylenoxid (PO) hergestellt. Sie werden ersatzweise für Mineral- und Pflanzenöle verwendet.
  • Sodium Laureth Sulfate: Findet Verwendung v.a. in Shampoos und Reinigungsmitteln.
  • Sodium Laureth Phosphate: Sodium Laureth-4 Phosphat wird in Reinigungsmitteln und als Emulgator in Cremes eingesetzt.
  • Höhermolekulare PEG bilden auf der Hautoberfläche feuchtigkeitserhaltende Filme aus, die aufgrund fehlender Penetration die Hautbarriere-Schichten nur wenig beeinflussen.

Allgemeine Information

Polyethylenglykole oder Makrogole (PEGS; als Arzneistoff auch als Macrogol bezeichnet), sind ungiftige, hydrophile Polymere, die in Alltagsprodukten wie Lebensmitteln, Kosmetika und Medikamenten (Salben, Cremes, Impfstoffen)  vorkommen.  So kann die kovalente Modifikation mit Polyethylenglykol (PEG) das pharmakokinetische, pharmakologische und toxikologische Profil von Protein- und Peptid-basierten Therapeutika tiefgreifend beeinflussen.Polyethylenglykole sind je nach Kettenlänge unterschiedlich konsistente (flüssig oder fest), chemisch inerte, wasserlösliche und nicht-toxische Polymere mit der allgemeinen Summenformel C2nH4n + 2On + 1, die durch Polymerisation von Ethylenoxid entstehen. Je nach Kettenlänge haben PEG unterschiedliche Eigenschaften. Polyethylenglykole mit einer mittleren Molekülmasse zwischen 200 und 400 Da sind bei Raumtemperatur nichtflüchtige Flüssigkeiten. Höhere Molekülmassen führen zu wachsartig festen Konsistenzen. Die wichtigste Eigenschaft aller Polyethylenglykole ist ihre Löslichkeit in Wasser, ihre lange Haltbarkeit (sie unterliegen nicht den üblichen biologischen Abbauprozessen) und ihre gute allgemeine und  insbesondere auch gute Hautverträglichkeit. Monomethoxypolyethylenglykol (mPEG) wird häufig als Adjuvans in Impfstoffen verwendet.  

Große und langzeitige klinische Erfahrungen mit pegylierten Systemtherapeutika hinsichtlich ihrer Verträglichkeit liegen u.a. auch mit Impfstoffen z.B. bei Vakzinen als auch bei Hyposensibilisierungen (HS) mit Pollen-und Wespengiftallergenen vor.  Polyethylenglykol-Elektrolyt-Lavage-Lösungen (PEG-ELS) werden regelmäßig zur  Darmreinigung vor Koloskopie eingesetzt. Bemerkenswerter Weise  ergaben Querschnittsuntersuchungen bei pädiatrischen Patienten mit  akuter lymphatischer Leukämie (ALL) die pegylierte-Asparaginase (PEG-ASP) intravenös erhielten Hypersensitivitäten im niedrigen zweistelligen Bereich (10-15%) Browne EK et al. (2018).

Ätiologie

Bei örtlicher (topischer) Applikation von Makrogolexterna ist von entscheidender Bedeutung, dass nur die niedermolekularen Polyethylenglykole durch die Haut penetrieren können.  Nur diese dürften von allergologischer Bedeutung sein. Allergische Reaktionen nach topischer Applikationen an Haut- und Schleimhäuten führen bemerkenswerterweise bevorzugt zu einer Kontakturtikaria.

Bei systemischer Applikation von Polyethylenglykolen (oral, intramuskulär, intravenös) wurden in  Einzelfällen allergische Reaktionen vom IgE-vermittelten Typ (Soforttyp-Allergie) beschrieben (Giavina-Bianchi P et al. 2019). Klinisch äußern sich die Symptome dieser UAW in palmoplatarem Juckreiz, in einer generaliserten Urtikaria sowie in Angioödemen.  Beschrieben sind auch schwere, auch tödlich verlaufende  anaphylaktische Reaktionen (Sellaturay P et al. (2020).  

Diskutiert wird eine Komplementfaktor-C3-abhängige Komplementaktivierung, wobei bereits geringe Mengen zu schweren Reaktionen führen können. Weiterhin wird auch die Induktion einer spezifischen IgE-vermittelten Immunreaktion (Hyry H et al. 2006) vermutet, wobei bisher der Nachweis von spezifischem IgE nicht geführt werden konnte.

Diagnostik

Neben Anamnese und Klinik werden häufig positive Reaktionen bei Intrakutan- und Pricktest gefunden.

Durchführung:  Systemische Reaktionen vom Soforttyp:  Prick- oder Intradermaltestung  auf PEGs mit unterschiedlichen Molekulargewichten.  Erfahrungsgemäß antworten  etwa 60% der klinisch eindeutig allergisch reagierenden Patienten mit einem positiven Hautpricktestergebnis.

 Alternativ können Intradermaltestungen durchgeführt werden.  Die Testungen bergen ohne Kenntnis und informierte Planung ein nicht zu unterschätzendes Risiko. Sie sollten daher nur in einem spezialisierten Zentrum für Arzneimittelallergien durchgeführt werden (Wylon K et al. 2016).

Kontaktallergische Reaktionen: Bei Verdacht auf eine Kontaktallergie kann eine Polyethylenglykolsalbe, Testkonzentration 100 % verwendet werden (Block Hermal Kühlschmierstoffe I, Salbengrundlagen und Emulgatoren).

Hinweis(e)

Das allgemeine Bewusstsein für das allergene Potenzial von PEG wird als gering eingeschätzt. Dies ist auf einen verbreiteten Skepsismangel gegenüber Hilfsstoffen und auf eine unzureichende Produktkennzeichnung zurückzuführen (Wenande E et al. 2016). Informationen über Soforttyp-Reaktionen auf PEG beschränken sich auf anekdotische Berichte. Auch wird das Potenzial für PEG-Sensibilisierung und Kreuzsensibilisierung auf PEG-ylierte Arzneimittel und strukturell verwandte Derivate wird wahrscheinlich unterschätzt (Wenande E et al. 2016). Mit einem Anstieg IgE-vermittelter allergischer Nebenwirkungen durch die anlaufenden Vakzinierungen mit pegylierten COVID-Impfstoffen ist zu rechnen.     

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Amsler E et al. (2017) Allergic contact dermatitis caused by PEG-22/dodecyl glycol copolymer in a skin-repairing cream. Contact Dermatitis 77:54-55.
  2. Borelli et al: Systemische Soforttypreaktion auf Macrogol 4000, Allergo J 14, 39 (2005)
  3. Browne EK et al. (2018) Clinical Characteristics of Intravenous PEG-Asparaginase Hypersensitivity Reactions in Patients Undergoing Treatment for Acute Lymphoblastic Leukemia.  J Pediatr Oncol Nurs 35:103-109.
  4. Dewachter et al. (2005) Anaphylaxis to macrogol 4000 after a parenteral corticoid injektion. Allergy 60: 705-706
  5. Giavina-Bianchi P et al. (2019) Polyethylene Glycol Is a Cause of IgE-Mediated Anaphylaxis. J Allergy Clin Immunol Pract 7:1874-1875.
  6. Hasan H et al. (2017) Comparison of hypersensitivity rates to intravenous and intramuscular PEG-asparaginase in children with acute lymphoblastic leukemia: A meta-analysis and systematic review. Pediatr Blood Cancer 64:81-88.
  7. Hyry H  et al.(2006) Two cases of anaphylaxis to macrogol 6000 after ingestion of drug tablets. Allergy 61:1021.
  8. Jover Cerdá V et al (2019) Immediate hypersensitivity to polyethylene glycols in unrelated products: when standardization in the nomenclature of the components of drugs, cosmetics, and food becomes necessary. Allergy Asthma Clin Immunol 15:9.
  9. Nordvall SL et al. (1986) IgG and IgE antibody patterns after immunotherapy with monomethoxy polyethyleneglycol modified honey bee venom. Allergy 41:89-94.
  10. Quartier S et al. (2006) Allergic contact dermatitis to copolymers in cosmetics--case report and review of the literature. Contact Dermatitis 55:257-267. Review
  11. Schäfer T et al. (1992) Two-year double-blind trial of a monomethoxy polyethylene glycol (mPEG) modified grass pollen extract at different dose levels. Ann Allergy 68:334-339.
  12. Sehon AH (1989) . Modulation of antibody responses by conjugates of antigens with monomethoxypolyethylene glycol. Adv Exp Med Biol 251:341-351.
  13. Sellaturay P et al. (2020) Polyethylene Glycol-Induced Systemic Allergic Reactions (Anaphylaxis). J Allergy Clin Immunol Pract 1: 2213-2198
  14. Wenande E et al. (2016) Immediate-type hypersensitivity to polyethylene glycols: a review. Clin Exp Allergy 46:907-922.
  15. Wolf G (2014) Polypragmasie in Rezepturen. Hautarzt 64: 418-419
  16. Wylon K et al. (2016) Polyethylene glycol as a cause of anaphylaxis. Allergy Asthma Clin Immunol 12:67
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Zuletzt aktualisiert am: 23.12.2020