Chaperone

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 30.11.2023

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Synonym(e)

Faltungshelfer; Molekulare Chaperone

Definition

Chaperone (engl. Anstandsdamen) sind Proteine, die neu synthetisierten Proteinen „helfen“, sich korrekt zu falten (Faltungshelfer). Die Bezeichnung „Chaperone“ wurde gewählt, „da sie unreife Proteine vor schädlichen Konfomationen bewahren“. Chaperone stellen heterogene (miteinander nicht verwandte), jedoch funktionell verwandte Proteinkomplexe dar, die durch ihre funktionelle Gemeinsamkeit, der Proteinfaltung charakterisiert sind (Brandvold KR et al. 2015). Ihre Mitglieder sind zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten der Evolution entstanden.

Neu synthetisierte Proteine organisieren sich in ihrer spezifischen, nativen, funktionellen Konformation. Diese ist grundsätzlich in der Primärstruktur, der Aufeinanderfolge der Aminosäuren, angelegt. Kleinere Proteine können sich spontan in der richtigen Weise falten (ein klassisches Beispiel für eine spontane Faltung ist die Ribonuklease). Größere, komplexe, ungefaltete Proteinen benötigen „Hilfsmittel“ zur korrekten Faltung.

Ungefaltete Proteine weisen hoch reaktive hydrophobe Seitenketten auf. Diese können die mit anderen hydrophoben Molekülen oder anderen Proteinketten zu völlig ungeordneten Proteinaggregaten zusammentreten. Derartige Proteinaggregate verlieren ihre biologische Funktion und stellen nutzlosen oder zellschädigenden Proteinmüll dar. Um diese für die Zelle unphysiologischen Vorgang  zu vermeiden nutzt die Zelle eine komplexe, hochkonservierte Proteinmaschinerie, die Chaperone („molekulares Rotes Kreuz“) .

Chaperone verhindern die Aggregation unvollständig gefalteter Proteinketten, indem sie die exponierten hydrophoben Aminosäuresegmente abschirmen. Nach erfolgreicher, Chaperon-assistierter Faltung, sind diese hydrophoben Segmente im Inneren des Proteins verborgen. Chaperone sind dann nur so lange tätig, bis der gefaltete, native Zustand des Proteins erreicht ist. Chaperone können auf diese Weise exakt zwischen ungefalteten und gefalteten Proteinen unterscheiden. Chaperone wirken wie ein Katalysator, in dem sie die korrekte Faltung der Proteine assistieren ohne selbst Teil der Struktur zu werden.

Einige Chaperone weisen bei unphysiologisch hohen Temperaturen eine erhöhte Syntheserate auf. Sie gehören damit zu den klassischen Hitzeschockproteinen (Hitzschock wird definiert als "kurze Temperaturerhöhung auf ca. 42°C für 5min". Hitzschockproteine sind Proteine die bei  einem Hitzschock freigesetzt werden). 

Einteilung

Eine Untergruppe der molekularen Chaperone stellen die Chaperonine dar. Diese sind bei Eukaryoten ausschließlich in den Mitochondrien lokalisiert. Mutationen in dem für Chaperonine kodierenden HSPD1-Gen sind für erbliche Formen der spastischen Spinalparalyse und der Leukodystrophie verantwortlich.

Chaperonine bilden  große, zylindrische, etwa 14 nm breite und 15–16 nm hohe Komplexe (Struktur vergleichbar einem Donat). In ihren Hohlräumen assistieren sie die Faltung von Proteinen. Chaperonine werden konstitutiv exprimiert, so bei Streßsituationen der Zelle, z. B. bei erhöhter Temperatur (Hitzeschockproteine). 

Hinweis(e)

Medizinische Relevanz besitzen Chaperone bei Erkrankungen, bei denen fehlgefaltete Proteine und deren Akkumulation zur Schädigung von Zellen führen. Die Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung (CJD), die Alzheimer-Erkrankung und verschiedene Formen der kutanen und systemischen Amyloidose sind wichtige Beispiele für „Proteinfehlfaltungen“.

Möglicherweise spielen Chaperone bei der Auslösung der Reaktionen bei den "Kälteinduzierten Autoimmunologischen Syndromen" (s.u. Kälteurtikaria) eine Rolle. Denkbar ist dass die Mutationen die den FCAS-zugrundeliegen, zu fehlgefalteten Proteinen führen, die durch das temperaturempfindliche Chaperon HSPA8 (=syn. HSC70; s.u. HSPA8-Gen) erkannt werden. Bei 37 °C würde HSPA8 mit den mutierten Proteinen interagieren und sie inaktiv halten. Erniedrigte Temperaturen könnten aufgrund einer Konformationsänderung von HSPA8 zu einem Verlust dieser  Interaktion führen. HSPA8 als Kältesensor bei verschiedenen pathologischen Zuständen haben, bei denen sich die Symptome bei niedrigen Temperaturen verschlimmern (Raghawan AK et al. 2011).

 

Literatur
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  1. Alberts B et al. (2004) Molekularbiologie der Zelle. Weinheim: Wiley-VCH.
  2. Brandvold KR et al.(2015) The Chemical Biology of Molecular Chaperones--Implications for Modulation of Proteostasis. J Mol Biol 427:2931-2347.
  3. Huth E (2005) Zelluläre Aufnahme und intrazelluläres Schicksal von partikulären Drug Delivery Systemen. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Fakultät für Chemie, Pharmazie und Geowissenschaften der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
  4. Kim YE et al.(2013) Molecular chaperonefunctions in protein folding and proteostasis. Annu Rev Biochem 82:323-355.
  5. Raghawan AK et al. (2011) HSC70 as a sensor of low temperature: role in cold-triggered autoinflammatory disorders.The FEBS Journal https://doi.org/10.1111/febs.16203
  6. Smith HL et al. (2015) Molecular chaperones and neuronal proteostasis. Semin Cell Dev Biol 40:142-152.
  7. Sumera A et al. (2015) Review: Beta-thalassemia and molecular chaperones. Blood Cells Mol Dis 54:348-352.
  8. Taldone T et al. (2014)  Protein chaperones: a composition of matter review (2008 - 2013). Expert Opin Ther Pat 24:501-518.
  9. S.a. Video des Max-Planck-Instituts

Weiterführende Artikel (2)

Amyloidosen (Übersicht); HSPA8-Gen;
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